Interview-Serie “5 Fragen an…”

Iris M. Köpke, Chefredakteurin des LuxusInsider, beobachtet seit Jahren, wie sich der Luxusreisemarkt grundlegend verändert. Wo früher glitzernde Oberflächen und ikonische Fünf-Sterne-Inszenierungen im Mittelpunkt standen, rücken heute tiefere Werte in den Vordergrund: Erfahrungen, die berühren, transformieren und lange nachwirken. Luxus wird zunehmend zu etwas Intimem, Persönlichem – zu einer Reise, die nicht nur neue Orte zeigt, sondern einen neuen Blick auf sich selbst. Ein präziser, authentischer Blick auf eine Branche, die sich neu definiert – und auf die Menschen, die sie formen.

 

Iris M. Köpke, Gründerin von LuxusInsider

Brandcraft: Wie hat sich der Luxusreisemarkt zuletzt verändert – und welche Erwartungen prägen die neue Generation von Reisenden?

Iris M. Köpke: Zuerst gab es eine große Umkehr von materiellem Luxus hin zu Erlebnissen: Nicht mehr das Fünf-Sterne-Hotel mit dem Bling-Bling-Kronleuchter und güldenen Wasserhähnen ist in, sondern jene Unterkünfte, die ihren Gästen besondere Erlebnisse bieten können – oder im Idealfall selbst so außergewöhnlich sind, dass allein der Aufenthalt dort als Erlebnis wahrgenommen wird. So gibt es etwa in Rom Luxushotels, die es ihren Gästen ermöglichen, morgens vor der offiziellen Öffnungszeit gemeinsam mit dem Schlüsselmeister die Sixtinischen Kapelle aufzuschließen und diese ein Stündchen ganz privat ohne Menschenmassen zu erleben. Heutzutage geht man noch einen Schritt weiter: Eine Luxusreise muss transformativ sein – also quasi lebensverändernd. Man möchte durch das Erlebte als ein anderer Mensch nach Hause zurückkehren. Dazu gehört oft Wellbeing, häufig spielt aber auch Gutes zu tun eine wichtige Rolle.



Brandcraft: Welche Rolle spielt echte Nachhaltigkeit heute im Luxussegment, und woran erkennen Sie zukunftsfähige Angebote?

Iris M. Köpke: Das ist eine knifflige Frage, denn: Kunden fragen so gut wie nie aktiv nach nachhaltigen Reiseangeboten. Die einen setzen es als selbstverständlich voraus, dass Luxusanbieter nachhaltig handeln, die anderen setzen schlicht und ergreifend andere Prioritäten. Grundsätzlich sind Luxusreisen und Nachhaltigkeit aber ein tolles "Liebespaar": Mit den hohen Summen, die wohlhabende Gäste in eine Reise investieren, kann vor Ort viel Gutes bewirkt werden. Ein Beispiel: Ein Permit fürs Gorilla Tracking in Ruanda kostet 1.500 US-Dollar pro Person – und ein Teil des Geldes wird dafür verwendet, weiteres Land aufzukaufen und den Nationalpark und somit den Lebensraum der Gorillas zu vergrößern. Zukunftsfähig sind vor allem die Angebote, bei denen von Anfang an berücksichtigt wird, dass die Einheimischen an den Einnahmen durch den Tourismus spürbar partizipieren.

“Im Luxustourismus ist absolut alles individuell – der Kunde gibt vor, was er wann möchte. Und so gut wie alles wird auch möglich gemacht, daher gleicht keine Reise der anderen.”

Gorillababy in Ruanda (Fotocredit: LuxusInsider)

Brandcraft: Sie beobachten Trends früh: Welche Entwicklungen sehen Sie aktuell, bevor sie im breiten Markt ankommen?

Iris M. Köpke: Im Moment vor allem den Trend zum Ultra-Luxus. Immer mehr Menschen können sich eine Luxusreise leisten, entsprechend haben die "wirklich Reichen" den Wunsch, sich davon abzuheben. Und wo es Nachfrage gibt, da entwickelt sich ein Angebot. Hinzu kommt, dass Anbieter immer kreativer werden und Erlebnisse bieten, deren Umsetzung allein schon wahnsinnig teuer ist. Manchmal, weil viel Aufwand dahinter steckt – etwa bei einer Heißluftballonfahrt über Marokko, bei der ein Butler am feinst eingedeckten Tisch im Korb ein Gourmet-Frühstück serviert, während ein Saxophonist dazu live spielt und ein Fotograf mit seiner Drohne Erinnerungsfotos schießt. Aber auch, weil Erlebnisse in abgelegenster, wilder Natur plötzlich komfortabel werden, weil ein findiger Anbieter Strom, Heißwasser und eine tolle Unterkunft mitten ins Nichts bringt. In den USA gibt es Anbieter, die errichten auf Wunsch ein privates Edel-Camp im Nationalpark und bauen dieses anschließend spurlos wieder ab – von so einer Übernachtung erzählt man natürlich seinen Enkeln noch. Kostenpunkt: schlappe 20.000 US-Dollar. 

Iris M. Köpke (Fotocredit: Rebekka-Mueller)

Brandcraft: Welche individuellen oder ungewöhnlichen Wünsche begegnen Ihnen und der LuxusInsider-Community besonders häufig?

Iris M. Köpke: Im Luxustourismus ist absolut alles individuell – der Kunde gibt vor, was er wann möchte. Und so gut wie alles wird auch möglich gemacht, daher gleicht keine Reise der anderen. Allen gemein ist, dass es eine Null-Fehler-Toleranz gibt. Und dabei geht's gar nichts ums Geld, sondern um das einzig wahre Luxusgut: Zeit. Der Kunde wäre – zu Recht – sehr enttäuscht, wenn er während seiner mühsam ermöglichten Auszeit nicht das bekommt, was er sich vorgestellt hat. Ungewöhnliche Wünsche hören wir natürlich immer mal wieder. Da wäre zum Beispiel der Gucci-Knopf einer Dame, der frecherweise zu Hause abgefallen war, und nun per Helikopter auf eine einsame Seychellen-Insel hinterhergeflogen werden musste, damit das Sommerkleid perfekt ist. Oder hungrige Öl-Multis, die nachts um 2 Uhr den Hoteldirektor wecken lassen, weil der mit ihnen Kaviar essen soll. Wir hören aber auch sehr viel von Dankbarkeit gegenüber denjenigen, die den Reisenden einmalige Momente bescheren.

 

Brandcraft: Welche Marken, Regionen oder Konzepte haben aus Ihrer Sicht das größte Potenzial, Luxus in den nächsten Jahren neu zu definieren?

Iris M. Köpke: Das ist definitiv Saudi-Arabien. Hier werden Nägel mit Köpfen gemacht und das Budget ist auch vorhanden. Im Land werden ganze Regionen neu erschlossen, das Thema Nachhaltigkeit ist dabei stets im Blick. Dort fand kürzlich der Tourismus-Gipfel Tourise statt – schon erstaunlich, wie viele Reise-Experten dort teilgenommen haben, obwohl das Land noch gar nicht so lange auf der touristischen Landkarte verzeichnet ist. Bei den Marken muss man aktuell vorsichtig sein: Bei vielen der etablierten Anbieter, die lange die Nase vorn hatten, sind jetzt Investoren eingestiegen. Da gilt es jetzt abzuwarten, ob es dennoch gelingt, der eigenen DNA treu zu bleiben. Was aus meiner Sicht immer Hochkonjunktur hat: professionelles, warmherziges und authentisches Personal. Wer über so etwas verfügt, sitzt auf einem ganz großen Schatz.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!

Mehr Infos zu LuxusInsider finden Sie auf www.luxusinsider.de



Weiter
Weiter

Die größten Wellness-Trends 2026: Warum Hotels jetzt ganzheitlicher denken müssen